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ereignisse:luftangriff_vom_16._dezember_1944 [2017/05/01 22:33]
redaktion [Weitere Angriffe auf Siegen]
ereignisse:luftangriff_vom_16._dezember_1944 [2018/07/11 14:46]
redaktion
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 ====== Bombenangriff auf Siegen am 16. Dezember 1944 ====== ====== Bombenangriff auf Siegen am 16. Dezember 1944 ======
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 +--- //​[[redaktion@zeitraum-siegen.de|Matthias Opitz]] //
  
 Am Samstag, dem 16. Dezember 1944 ereignete sich der erste große Luftangriff der Alliierten auf Siegen. Bei dem nur wenige Minuten andauernden Bombardement wurde die Siegener Altstadt beinahe völlig zerstört und 348 Menschen kamen ums Leben, darunter 32 ausländische Gefangene, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten. Das Ereignis hat als Tragödie Eingang in die Stadtgeschichte sowie das kollektive Gedächtnis der Bevölkerung gefunden und ist bis heute Gegenstand erinnerungskultureller Debatten. Am Samstag, dem 16. Dezember 1944 ereignete sich der erste große Luftangriff der Alliierten auf Siegen. Bei dem nur wenige Minuten andauernden Bombardement wurde die Siegener Altstadt beinahe völlig zerstört und 348 Menschen kamen ums Leben, darunter 32 ausländische Gefangene, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten. Das Ereignis hat als Tragödie Eingang in die Stadtgeschichte sowie das kollektive Gedächtnis der Bevölkerung gefunden und ist bis heute Gegenstand erinnerungskultureller Debatten.
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 Parallel zur Etablierung der jährlichen Gedenkstunden auf dem Marktplatz wurde ab 1951 in Bevölkerung und Verwaltung der Ruf nach einer Gedenkstätte für die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus laut. Eine eigens gegründete private Arbeitsgemeinschaft verlieh dieser Forderung zusätzlich Nachdruck. Parallel zur Etablierung der jährlichen Gedenkstunden auf dem Marktplatz wurde ab 1951 in Bevölkerung und Verwaltung der Ruf nach einer Gedenkstätte für die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus laut. Eine eigens gegründete private Arbeitsgemeinschaft verlieh dieser Forderung zusätzlich Nachdruck.
  
-Im Oktober 1954 beschloss der Rat der Stadt, im Dicken Turm des Unteren Schlosses „für die Opfer des Ersten und zweiten ​Weltkriegs“ – so der Wortlaut des Ratsbeschlusses – eine Gedenkstätte mit Glockenspiel einzurichten. Auch die Landesregierung,​ in deren Besitz sich das Untere Schloss befand, erteilte im folgenden Jahr ihre Zustimmung, sodass der Ausbau der Gedenkstätte am 1. April 1959 beginnen konnte. Über dem Eingang wurde der Schriftzug „Verweile – Gedenke“ angebracht. Zusätzlich erinnerte die Bronzeplastik „Die Ausschauende“ des Weidenauer Bildhauers Hermann Kuhmichel (1898-1965) an den Wunsch nach Frieden und der Rückkehr deutscher Kriegsgefangener. Am 16. Dezember 1959, dem 15. Jahrestag des Angriffs, folgte die offizielle Einweihungszeremonie. Von da an fanden die jährlichen Gedächtnisveranstaltungen zum 16. Dezember stets an der Gedenkstätte im Dicken Turm statt, zumeist wurde dabei das Glockenspiel geläutet und ein Kranz niedergelegt. ​+Im Oktober 1954 beschloss der Rat der Stadt, im Dicken Turm des Unteren Schlosses „für die Opfer des Ersten und Zweiten ​Weltkriegs“ – so der Wortlaut des Ratsbeschlusses – eine Gedenkstätte mit Glockenspiel einzurichten. Auch die Landesregierung,​ in deren Besitz sich das Untere Schloss befand, erteilte im folgenden Jahr ihre Zustimmung, sodass der Ausbau der Gedenkstätte am 1. April 1959 beginnen konnte. Über dem Eingang wurde der Schriftzug „Verweile – Gedenke“ angebracht. Zusätzlich erinnerte die Bronzeplastik „Die Ausschauende“ des Weidenauer Bildhauers Hermann Kuhmichel (1898-1965) an den Wunsch nach Frieden und der Rückkehr deutscher Kriegsgefangener. Am 16. Dezember 1959, dem 15. Jahrestag des Angriffs, folgte die offizielle Einweihungszeremonie. Von da an fanden die jährlichen Gedächtnisveranstaltungen zum 16. Dezember stets an der Gedenkstätte im Dicken Turm statt, zumeist wurde dabei das Glockenspiel geläutet und ein Kranz niedergelegt. ​
  
 Nachdem das Ziel der Errichtung einer Gedenkstätte am Dicken Turm erreicht war, rückte das Gedenken an den Luftangriff etwas in den Hintergrund. Zwar erschienen in der lokalen Presse jährlich Artikel, die sich mit der Wiederkehr des Angriffs befassten, doch waren sie weder sonderlich umfangreich noch prominent platziert. Angesichts des Desinteresses der Bevölkerung an der Gedenkfeier am Dicken Turm fragte ein Leser der Siegener Zeitung, dessen Brief in der Ausgabe vom 17. Dezember 1960 erschien: „Haben wir denn wirklich alles schon vergessen?​“. Nachdem das Ziel der Errichtung einer Gedenkstätte am Dicken Turm erreicht war, rückte das Gedenken an den Luftangriff etwas in den Hintergrund. Zwar erschienen in der lokalen Presse jährlich Artikel, die sich mit der Wiederkehr des Angriffs befassten, doch waren sie weder sonderlich umfangreich noch prominent platziert. Angesichts des Desinteresses der Bevölkerung an der Gedenkfeier am Dicken Turm fragte ein Leser der Siegener Zeitung, dessen Brief in der Ausgabe vom 17. Dezember 1960 erschien: „Haben wir denn wirklich alles schon vergessen?​“.
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 Auch in anderen Zusammenhängen wurde an die Zerstörung Siegens erinnert. Die Ausstellung „Kriegsende 1945 in Siegen“, die 2004 – 2005 im ehemaligen Kaufhof-Gebäude zu sehen war, berücksichtigte den Luftangriff auf Siegen in besonderer Weise und machte der breiten Öffentlichkeit eine Vielzahl von Quellen zugänglich,​ darunter eigens aufgezeichnete Interviews mit Zeitzeugen. Zudem erschien eine aufwändige Dokumentation in Buchform. Auch in anderen Zusammenhängen wurde an die Zerstörung Siegens erinnert. Die Ausstellung „Kriegsende 1945 in Siegen“, die 2004 – 2005 im ehemaligen Kaufhof-Gebäude zu sehen war, berücksichtigte den Luftangriff auf Siegen in besonderer Weise und machte der breiten Öffentlichkeit eine Vielzahl von Quellen zugänglich,​ darunter eigens aufgezeichnete Interviews mit Zeitzeugen. Zudem erschien eine aufwändige Dokumentation in Buchform.
  
-Im Jahr 2008 versuchten rechtsextreme Gruppierungen,​ die Erinnerung an die Bombardierung Siegens für ihre politischen Zwecke zu vereinnahmen. Dagegen formierte sich unter Federführung ​des DBG ein Aktionsbündnis mit dem Namen „Siegen für Demokratie“ und rief zu einer Gegendemonstration für Frieden und Verständigung auf. In der ganzen Stadt erinnerten Veranstaltungen an die Verbrechen und Opfer des Nationalsozialismus und ein alternativer Stadtrundgang führte entlang der Stätten des nationalsozialistischen Terrors. Erneut wurde betont, dass die Luftangriffe auf Siegen keinesfalls ‚aus dem Nichts‘ erfolgten, sondern als ein Resultat des vom nationalsozialistischen Deutschland zu verantwortenden Kriegs zu sehen sind. Etwa 3000 Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Veranstaltung mit dem Namen „GehDenken“ teil, die seitdem fester Bestandteil der regionalen Erinnerungskultur geworden ist. +Im Jahr 2008 versuchten rechtsextreme Gruppierungen,​ die Erinnerung an die Bombardierung Siegens für ihre politischen Zwecke zu vereinnahmen. Dagegen formierte sich unter Führung ​des DGB ein Aktionsbündnis mit dem Namen „Siegen für Demokratie“ und rief zu einer Gegendemonstration für Frieden und Verständigung auf. In der ganzen Stadt erinnerten Veranstaltungen an die Verbrechen und Opfer des Nationalsozialismus und ein alternativer Stadtrundgang führte entlang der Stätten des nationalsozialistischen Terrors. Erneut wurde betont, dass die Luftangriffe auf Siegen keinesfalls ‚aus dem Nichts‘ erfolgten, sondern als ein Resultat des vom nationalsozialistischen Deutschland zu verantwortenden Kriegs zu sehen sind. Etwa 3000 Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Veranstaltung mit dem Namen „GehDenken“ teil, die seitdem fester Bestandteil der regionalen Erinnerungskultur geworden ist. 
  
 Auch der deutsche V2-Angriff auf Antwerpen rückte immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. 2009 nahm der Stadtrat fraktionsübergreifend einen Antrag der Fraktion „Die Linke“ an, dem alliierten Luftangriff auf Siegen und dem deutschen Raketenbeschuss Antwerpens künftig gemeinsam zu gedenken.((Artikel:​ Fraktionsübergreifender Antrag für den 16. Dezember... Gedenken auch an Angriff auf Antwerpen, in: Westfalenpost vom 25.11.2009; Artikel: Zweiter Weltkrieg. Befehl für Raketenangriff kam aus Siegen, in: Westfalenpost vom 20.11.2009.)) Auch der deutsche V2-Angriff auf Antwerpen rückte immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. 2009 nahm der Stadtrat fraktionsübergreifend einen Antrag der Fraktion „Die Linke“ an, dem alliierten Luftangriff auf Siegen und dem deutschen Raketenbeschuss Antwerpens künftig gemeinsam zu gedenken.((Artikel:​ Fraktionsübergreifender Antrag für den 16. Dezember... Gedenken auch an Angriff auf Antwerpen, in: Westfalenpost vom 25.11.2009; Artikel: Zweiter Weltkrieg. Befehl für Raketenangriff kam aus Siegen, in: Westfalenpost vom 20.11.2009.))
ereignisse/luftangriff_vom_16._dezember_1944.txt · Zuletzt geändert: 2021/10/27 10:59 von redaktion