Inhaltsverzeichnis

Taufschale

Die Taufschale der Nikolaikirche ist eine kunstgeschichtliche Besonderheit und das einzig erhaltene Beispiel peruanischer Goldschmiedekunst der frühen Kolonialzeit. Es handelt sich um eine innen vergoldete Silberschale mit einem Durchmesser von 54 cm, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts in einer Inka-Werkstatt in Potosí (Peru) hergestellt wurde. Stilistisch zeigt die Schale indianische Motive, lässt aber auch europäische Einflüsse der spanischen Herrschaft in Peru erkennen. Als Zahlungsmittel gelangte die Schale nach Afrika, vermutlich über die peruanische Hochebene Altiplano und Brasilien. Sie diente sehr wahrscheinlich der Bezahlung von Sklaven für die spanischen Kolonien in Südamerika. Der kongolesische Herrscher Dom Garcia II. Alfonso schenkte die Schale zusammen mit 200 Sklaven Johann Moritz von Nassau-Siegen, dem Gouverneur von Niederländisch-Brasilien. Es handelte sich um ein diplomatisches Geschenk als Dank für die Vermittlung in einem Konflikt und die Anbahnung guter Beziehungen im transatlantischen Sklavenhandel. Der niederländische Gelehrte Caspar Barlaeus, der 1647 ein Werk über die Regierungszeit des Johann Moritz in Brasilien verfasste, schrieb über die Gastgeschenke der afrikanischen Delegation:

„Viel Mohrische Schlaven zum Geschenk vor die West Indische Societät, und ins besonder 200 derselben, sambt einer Güldenen Kette, und einem Topf, oder Pott, von klarem Golde, zur verehrung vor den Fürsten selbst mit ubergeschicket.“

Während seiner Zeit als Landesherr von Siegen schenkte Johann Moritz 1658 die Schale der reformierten Nikolai-Kirchengemeinde und legte ihre Verwendung als Taufbecken fest. Deshalb fügte ein Frankfurter Goldschmied auf Bestellung des Fürsten einen Fuß aus getriebenem Silber und die in der Mitte des Beckens gelegene Mulde mit dem Wappen des Stifters ein. Unter dem Fuß sind in lateinischer Sprache außerdem der Widmungszweck und ein historischer Abriss nachzulesen. Die Schale wird von der Kirchengemeinde auch heute noch zur Taufe eingesetzt.

Erinnerungskulturelle Debatten

Zum 300. Jubiläum der Taufschalenstiftung im Jahr 1958 dichtete der Siegener Alfred Lück in einer Jubiläumspublikation: „Dreihundert Jahre Taufschale: Verklungen sind die Schreie gepeinigter Sklaven, zu deren Bezahlung dieses Kunstwerk einst gedient hat. Geblieben ist die heilige Handlung der Taufe, das Angebot von Gottes Gnaden in Jesus Christus. Daß sie verkündet werde, war des alten Fürsten und ist der jungen Gemeinde Anliegen.“ (Alfred Lück: Siegerland im Bild: 300 Jahre Kaiserwahl – 300 Jahre Taufschale – 300 Jahre Krönchen. Ein Sonderdruck des Verkehrsvereins Siegen für Freunde und Besucher der Stadt Siegen, Jg. 1, H. 3/4, 1958, S. 47.)

Meinungen der Nutzerinnen und Nutzer